Weinkeller

Peter Keller

Degustation

Die 30 best gereiften Pinots noirs der Schweiz

Peter Keller Weinkeller
Eine dreiköpfige Jury testete und bewertete nach dem 20-Punkte-System 30 Pinots noirs. (Bild: PD)

Eine dreiköpfige Jury testete und bewertete nach dem 20-Punkte-System 30 Pinots noirs. (Bild: PD)

Schweizer Weine können perfekt altern. Dies hat eine einmalige Degustation von 30 Pinots noirs gezeigt. Überraschender Sieger wurde ein biologisch arbeitendes Weingut aus dem Wallis mit einem Cru aus dem Jahr 2013.

Noch immer hält sich die Mär hartnäckig: Schweizer Weine sollten jung getrunken werden. Das mag für gewisse fruchtbetonte Gewächse gelten. Aber es geht auch anders, wie ambitionierte Winzer und Winzerinnen seit Jahren beweisen. Sie sind überzeugt davon, dass sich ein nobler Wein während mindestens zehn Jahren in eine positive Richtung weiterentwickeln könne. Die Vereinigung Mémoire des Vins Suisses, die fast 60 Spitzenproduzenten aus allen sechs Anbaugebieten umfasst, will das oft verkannte Alterungspotenzial der einhei­mischen Produkte aufzeigen.

Mitglied kann werden, wer in seiner Anbauregion eine bedeutende Stellung einnimmt, Top-Weine produziert und sich für die Förderung von hochwertigen Schweizer Tropfen einsetzt. Zur Gruppe gehören so bekannte Namen wie Marie-Thérèse Chappaz aus dem Wallis, Do­maine Louis Bovard aus der Waadt, Château d’Auvernier aus der Drei-Seen-Re­gion, Weingut Donatsch aus der Bündner Herrschaft oder das Weingut Agriloro aus dem Tessin.

Pinot noir ist die meistangebaute Varietät der Schweiz

Unter der Vielzahl der kultivierten Rebsorten nimmt der Pinot noir oder Blauburgunder eine überragende Stellung ein. Die mit einer Rebfläche von rund 4000 Hektaren meistangebaute Varietät der Schweiz ist vor allem in der Deutschschweiz, in der Drei-Seen-Re­gion und im Wallis weit verbreitet. Man findet den Pinot noir, der im Idealfall dichte, elegante, komplexe, nicht zu schwere Weine ergibt, aber auch in der Waadt, in Genf und vereinzelt gar im Tessin. Wir wollten herausfinden, wie gut die einheimischen Weine dieser Sorte ­altern.

Eine einmalige Verkostung sollte Aufschluss über das Reifepotenzial geben. Über 30 Spitzen-Weingüter wurden angefragt mit der Bitte, einen Pinot noir aus einem Jahrgang einzureichen, der ihrer Meinung nach zum jetzigen Zeitpunkt das optimale Genuss-Erlebnis bietet. Die­ses Setting hatte zur Folge, dass sich die Bandbreite der verkosteten Weine vom Jahrgang 2002 bis zum 2018er bewegt hat.

Eine dreiköpfige Jury testete und bewertete nach dem 20-Punkte-System die Pinots noirs in der Zürcher Wirtschaft Neumarkt mit verdeckten Etiketten in einer zufälligen Reihenfolge. Der Fokus lag stets bei der optimalen Genussreife. Mit entsprechenden Folgen: Jüngere Beispiele, auch von Top-Betrieben, wurden vorwiegend tiefer eingestuft.

Unsere Experten-Jury

Angelika Grundler

Die deutsche Sommelière arbeitet seit 2019 Im Restaurant Pavillon des Hotels Baur au Lac in Zürich, das mit zwei Michelin Sternen und 18 Gault-Millau-Punkten bewertet wird. In diesem Jahr hat Angelika Grundler den Sommelier-Challenge des Champagnerhauses Ruinart gewonnen.

René Zimmermann

Der Gastgeber in der Wirtschaft Neumarkt in Zürich ist ein anerkannter Wein- und Spirituosen Experte. Er führt erfolgreich das Restaurant, das für seine regional basierten Speisen und grosse Auswahl an gereiften Schweizer Weinen bekannt ist, seit mehr als 25 Jahren.

Peter Keller

Der Weinakademiker ist Weinredaktor der «NZZ am Sonntag» und des Lifestyle-Portals NZZ Bellevue.

Das sind die besten Pinot noirs des Tests

Das Resultat: Auf dem Podest landeten drei hervorragend gealterte Weine, die derzeit mit viel Trinkvergnügen brillieren. Es gab einen Überraschungssieger: Gewonnen hat der finessenreiche, überaus ausgewogene Pinot noir La Mour­zière 2013 des Walliser Cave Caloz aus Miège (siehe unten). In diesem Jahr hat Sandrine Caloz, die heute das Familiengut führt, ihren ersten Jahrgang vinifiziert.

Die Gewinnerin unserer Pinotnoir-Degustation: Sandrine Caloz von der Walliser Cave Caloz. (Bild: PD)

Die Gewinnerin unserer Pinotnoir-Degustation: Sandrine Caloz von der Walliser Cave Caloz. (Bild: PD)

Die Etikette indessen stammt noch von ihren Eltern. 2015 wurde eine neue Aufmachung der Flaschen ein­geführt. Zudem legt Sandrine Caloz neu Wert darauf, die genaue Lage (lieu-dit, wie der französische Begriff heisst) auf dem Label zu erwähnen. Ihr Wein heisst daher jetzt Pinot noir Les Crévaïs. Sandrine Caloz zählt zu den talentiertesten Winzerinnen des Landes. Ihr Betrieb wurde 2019 als «Bio-Weingut des Jahres» ausgezeichnet.

Auf den beiden nächsten Plätzen ­landeten punktgleich zwei Klassiker des Landes – zum einen der Pinot noir Auvernier 2011 der Domaine de la Maison Carrée aus Neuenburg sowie der Pinot noir 2012 von Martha und Daniel Gantenbein aus der Bündner Herrschaft. Der erstgenannte Wein ist ein Mémoire-Wein und hat schon einmal ein NZZ-Expertengremien zu überzeugen vermocht: Der gleiche Wein von Maison Carrée, aber aus 2018 stammend, hat im Frühjahr eine für bellevue.nzz.ch durchgeführte Degustation «Schweiz gegen den Rest der Welt» für sich entschieden.

Nicht mehr sehr überraschend ist es, den Pinot noir der Gantenbeins zu loben, trotzdem tun wir es hier wieder. Der wohl bekannteste und begehrteste Wein des Landes stellt seine Fähigkeiten und Langlebigkeit verlässlich unter Beweis. Er und viele weitere gelungene Crus des Tests zeigen: Es lohnt sich, Schweizer Weine im Keller länger zu lagern.

Rangliste: Diese Top-Weine bedienen alle Sinne

Ein Spitzen-Trio mit 18 und mehr Punkten, drei weitere Weine mit mindestens 17,5 Punkten: Das sind die besten gereiften Pinots noirs der Degustation. Dazu weitere Crus, die die Jury überzeugt haben.

Das Top-Trio

Sieger: Pinot noir La Mourziére 2013, Cave Caloz, Wallis. Der überraschende Gewinner brilliert mit einem tollen Trinkfluss und einer perfekten Ausgewogenheit. Der Wein mit gereiften Noten in der Nase und im Gaumen ist immer noch frisch, elegant, komplex und endet mit einem langen Nachhall. Ausbau in emaillierten Stahltanks, spontan vergoren und lediglich mit einer kleinen Schwefelzugabe vor der Abfüllung versehen. 18,2/20 Punkte. Preis für den aktuellen Jahrgang Pinot noir Les Crévaïs 2020 (neuer Name des Weins).

Pinot noir La Mourziére, 2013, von Cave Caloz, 17 Franken; über Cave Caloz. (Bild: PD)

Pinot noir La Mourziére, 2013, von Cave Caloz, 17 Franken; über Cave Caloz. (Bild: PD)

Platz 2: Pinot noir Auvernier 2011, Domaine de la Maison Carrée, Neuenburg. Der Wein ist jetzt nach zehn Jahren in Bestform. Seine Merkmale sprechen für sich: gereifte Noten im Bouquet, dunkle Beeren, erdig, Veilchen, im Gaumen dicht, finessenreich, saftige Säure, feine Tannine, komplex, mit viel Druck, langes, mineralisch geprägtes Finale. Ausbau in grossen Holzfässern sowie neuen und gebrauchten Barriques. 18/20 Punkte.

Pinot noir Auvernier, 2011, von der Domaine de la Maison Carrée, 29 Franken (Preis für den aktuellen Jahrgang 2018); über Vinothek Brancaia. (Bild: PD)

Pinot noir Auvernier, 2011, von der Domaine de la Maison Carrée, 29 Franken (Preis für den aktuellen Jahrgang 2018); über Vinothek Brancaia. (Bild: PD)

Platz 3: Pinot noir 2012, Daniel und Martha Gantenbein, Graubünden. Der bekannteste ­Rotwein der Schweiz konnte auch diesmal seine herausragenden Qualitäten beweisen. Er ist jetzt genussreif und präsentiert sich mit einem intensiven, vielschichtigen Bouquet, ist im Gaumen mittelschwer, elegant, mit gut integrierten, feinen Gerbstoffen ausgestattet, harmonisch und endet mit einem langen Abgang. Ausbau zu 100% in neuen Barriques. 18/20 Punkte.

Pinot noir, 2012, von Daniel und Martha Gantenbein; Preis für aktuellen Jahrgang 2019 auf Anfrage; über verschiedene Anbieter wie Gerstl und Martel. (Bild: PD)

Pinot noir, 2012, von Daniel und Martha Gantenbein; Preis für aktuellen Jahrgang 2019 auf Anfrage; über verschiedene Anbieter wie Gerstl und Martel. (Bild: PD)

Drei weitere Spitzenweine

Pinot noir Barrique 2008, Weinbau Lüthi, Zürich. Hier handelt es sich um den ältesten Wein bei den Topklassierten. Der gut strukturierte Tropfen ist dank seiner Eleganz und Ausgewogenheit jetzt trinkreif und bereitet viel Genuss. 17,7/20.

Pinot noir Barrique, 2008, von Weinbau Lüthi, 30 Franken (Preis für Jahrgang 2019); über Lüthi-Weinbau. (Bild: PD)

Pinot noir Barrique, 2008, von Weinbau Lüthi, 30 Franken (Preis für Jahrgang 2019); über Lüthi-Weinbau. (Bild: PD)

Grain Pinot Champ-Dury 2014, Weingut Marie-Thérèse Chappaz, Wallis. Die Süsswein-Königin kann auch rot: Ihr dichter, finessenreicher, langanhaltender Pinot noir hat jetzt eine schöne Trink- und Genussreife erreicht und besitzt weiteres Potenzial. 17,5/20.

Grain Pinot Champ-Dury, 2014, vom Weingut Marie-Thérèse Chappaz, 55 Franken (für den aktuellen Jahrgang 2019); über Chappaz. (Bild: PD)

Grain Pinot Champ-Dury, 2014, vom Weingut Marie-Thérèse Chappaz, 55 Franken (für den aktuellen Jahrgang 2019); über Chappaz. (Bild: PD)

Pinot noir Hohle Gasse Grand Cru 2018, Weingut Jauslin, Basel-Land. Das ist der einzige der jüngeren Weine, der ganz vorne gelandet ist. Er zeigt dank seinem fruchtbetonten, würzigen Bouquet, seiner Fülle und Länge bereits eine gewisse Zugänglichkeit. Wird im Laufe der Zeit weiter zulegen. 17,5/20.

Pinot noir Hohle Gasse Grand Cru, 2018, vom Weingut Jauslin, 48 Franken; direkt über das Weingut Jauslin. (Bild: PD)

Pinot noir Hohle Gasse Grand Cru, 2018, vom Weingut Jauslin, 48 Franken; direkt über das Weingut Jauslin. (Bild: PD)

Weitere Empfehlungen

Pinot noir Les Argils 2014, Château d’Auvernier, Neuenburg, 17,3/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2018: 58 Franken; über château-auvernier.ch.

Pinot noir L’Enfer Du Calcaire 2015, Histoire d’Enfer, Wallis, 17/20, noch erhältlich für 56 Franken; über histoiredenfer.ch.

Pinot noir Stierenblut 2016, Weingut Wehrli, Aargau, 17/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2019: 20 Franken; über wehrli-weinbau.ch.

Pinot noir Eichholz 2015, Weingut Annatina Pelizzatti, Graubünden, 16,8/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2020: 30 Franken; über pelizzatti-weine.ch.

Pinot noir Gächlinger Schlemmweg 2013, Weingut Markus Ruch, Schaffhausen, 16,7/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2017: 53 Franken; über cultivino.ch.

Blauburgunder Gian-Battista 2005, Weingut von Tscharner, Graubünden, 16,7/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2017: 52 Franken; über reichenau.ch.

Pinot noir Selection Stadtberg 2014, Weingut Pircher, Zürich, 16,5/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2018: 32 Franken; über weingut-pircher.ch.

Pinot nero 2002, Weingut Agriloro, Tessin, 16,5/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2018: 28 Franken; über agriloro.ch.

Pinot noir Grand Vin 2016, Weingut Wolfer, Thurgau, 16,5/20, Preis für den aktuellen Jahrgang 2018: 31 Franken; über wolferwein.ch.

Folgende Weine wurden ebenfalls degustiert: