Weinkeller

Peter Keller

Blind-Degustation

Die besten Bio-Chardonnay-Weine bis 50 Franken

Peter Keller Weinkeller
Eine Kleinterrassen-Lage des Siegerweinguts Holger Koch im deutschen Anbaugebiet Baden. (Bild: Getty Images)

Eine Kleinterrassen-Lage des Siegerweinguts Holger Koch im deutschen Anbaugebiet Baden. (Bild: Getty Images)

Chardonnay spricht alle an. Wir haben 40 biologisch erzeugte Weissweine aus aller Welt getestet, die maximal 50 Franken je Flasche kosten. Überraschender Gewinner wurde ein Weingut aus Deutschland.

Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit macht auch vor dem Weinbau nicht halt. Eine beachtliche Zahl von Betrieben in vielen Anbaugebieten der Welt wechselt zur biologischen oder gar biodynamischen Produktion. Das gilt auch für die Schweiz. Gemäss Zahlen des Bundesamtes für Landwirtschaft gibt es hierzulande schon fast 500 Biogüter, Tendenz steigend. Sie bearbeiten 13 Prozent der Rebfläche von total rund 15 000 Hektaren nach ökologischen Richtlinien. Mit dieser Philosophie rückt die Herkunft verstärkt in den Fokus.

Ziel ist es, lebendige, natürlich ausdrucksvolle Weine mit regionaltypischem Charakter zu keltern. Eines der grossen Vorbilder in Sachen Bioweinbau ist das Burgund, wo berühmte Spitzenweingüter wie Domaine de la Romanée-Conti, Leroy oder Leflaive schon seit langem auf diese Art und Weise arbeiten. Leider sind die Preise für ihre aus Pinot noir und Chardonnay erzeugten Gewächse so exorbitant in drei- und vierstellige Sphären gestiegen, dass diese edlen Tropfen nur noch für Millionäre erschwinglich sind.

Doch es geht auch günstiger. Gerade die weisse Sorte Chardonnay liefert viele hochstehende, ausdrucksstarke, bezahlbare Produkte. Das sollte eine Blindverkostung von Weinen aus aller Welt zeigen, die weniger als 50 Franken je Flasche kosten.

In den Rebbergen der Domaine de la Maison Carrée am Neuenburgersee wird nachhaltig gearbeitet.

In den Rebbergen der Domaine de la Maison Carrée am Neuenburgersee wird nachhaltig gearbeitet.

Beliebte Rebsorte

Warum das Thema Chardonnay? Es ist wohl die beliebteste weisse Qualitäts-Rebsorte der Welt, die fast überall angebaut wird. Sie besitzt gewichtige Vorteile. Chardonnay bringt im Idealfall charaktervolle Weine hervor, welche ihre Lage gekonnt widerspiegeln. Ein Ausbau im Barrique, also im kleinen Holzfass, bringt mehr Komplexität in den Wein, allerdings nur in jenen Fällen, in denen der Einsatz von Eichenholz gezügelt wird.

Zu viele Beispiele namentlich aus der Neuen Welt wie Kalifornien und Australien waren und sind von zu intensiven Röst- und Vanille-Noten geprägt und verdecken Frucht und Struktur. Dazu kommen Kraft und ein eher hoher Alkoholgehalt. Sie schmecken oft gleich. Spannender sind frische, elegante, filigrane, dichte, mineralisch geprägte Crus mit klarem Herkunftsbezug.

Unabhängig von der Stilistik und unbestritten ist indessen, dass die eher neutrale Sorte Chardonnay über geschmackliche Qualitäten verfügt, die viele Geniesser und Geniesserinnen anspricht. Wie gut präsentieren sich biologisch erzeugte Chardonnay-Weine? Aus welchen Ländern kommen die interessantesten Beispiele, die sich über ein herausragendes Preis-Genuss-Verhältnis auszeichnen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir auf dem Markt nach Gewächsen bis zu einem Preis von 50 Franken gesucht. Zusammengekommen sind gut 40 Weine – von Spanien bis nach Neuseeland. Sie wurden in einer Blind-Degustation mit verdeckten Etiketten von einer zweiköpfigen Jury getestet: Angelika Grundler ist Sommelière im Restaurant Pavillon des Hotels Baur au Lac in Zürich und hat schon manchen Sommelier­-Wettbewerb gewonnen. Weinakademiker Peter Keller ist Weinredaktor der «NZZ am Sonntag» und des Lifestyle-Portals NZZ Bellevue.

Eine enge Entscheidung

Das Resultat: Es gab ein sehr enges Rennen, und die ersten drei Plätze lagen nahe beieinander. Selbst die dahinter folgenden Weine müssen sich nicht verstecken – ganz im Gegenteil. Schliesslich ging ein überraschender Sieger aus dieser insgesamt vorzüglichen Verkostung hervor. Gewonnen hat der frische, ausdrucksstarke Chardonnay *** GG Selection 2020 des deutschen Weinguts Holger Koch aus Baden.

Chardonnay *** GG Selection 2020 des deutschen Weinguts Holger Koch, 24 Franken; peterkuhnweine.ch. (Bild: PD)

Chardonnay *** GG Selection 2020 des deutschen Weinguts Holger Koch, 24 Franken; peterkuhnweine.ch. (Bild: PD)

Dieser Weisswein ist abermals ein Beweis dafür, dass in unserem nördlichen Nachbarland exzellente Crus wachsen, die keine Konkurrenz fürchten müssen – auch preislich nicht, wie das Gewinner-Beispiel zeigt. Und es muss nicht immer Riesling sein, die weisse Hauptsorte Deutschlands. Winzer Holger Koch gilt als Spezialist für trockene Burgundersorten wie eben Chardonnay.

Sein Stil lässt sich auf drei Attribute reduzieren: Klarheit, Eleganz, Finesse. Die Rebberge liegen im badischen Kaiserstuhl, der wärmsten Region des Landes. Doch die Reben wachsen in höchster Lage und in einem Talschnitt. Das sorgt für kühle Nächte und Winde, die den Trauben zugutekommen. Kochs Weine sind zwar wegen der ausufernden Bürokratie seit 2015 nicht mehr biozertifiziert. Der Produzent arbeitet aber nach biodynamischen Methoden ohne Einsatz von chemischen Spritzmitteln und Kunstdünger. Die Weine werden spontan mit wilden Hefen vergoren. Um unverfälschte Crus zu erzeugen, verwendet Koch nur grössere Holzfässer.

Auf dem zweiten Platz landete als bester Schweizer Wein der Chardonnay 2020 der Domaine de la Maison Carrée aus Auvernier am Neuenburgersee. Die Familie Perrochet ist eine überzeugende und überzeugte Verfechterin von authentischen, sortentypischen Weinen mit starkem Charakter. Um «Terroir-Gewächse» zu keltern, wird seit zehn Jahren biodynamisch gearbeitet. Die neue Sicht- und Arbeitsweise mache den Beruf des Winzers zwar nicht einfacher, aber spannender, lautet das Credo. Die grossartigen Weine sprechen für diesen Schritt.

Chardonnay 2020 der Domaine de la Maison Carrée aus Auvernier am Neuenburgersee, 28 Franken; lamaisoncarree.ch. (Bild: PD)

Chardonnay 2020 der Domaine de la Maison Carrée aus Auvernier am Neuenburgersee, 28 Franken; lamaisoncarree.ch. (Bild: PD)

Platz 3 belegte der Chardonnay Block 2 aus dem Jahr 2020 des neuseeländischen Guts Felton Road. Der beste Wein aus der Neuen Welt zeigt durchaus burgundische Züge und beweist, dass sich Kraft und Eleganz nicht ausschliessen müssen. Er wird biodynamisch erzeugt. Felton Road gilt als Ikone unter den Betrieben in Neuseeland.

Chardonnay Block 2 aus dem Jahr 2020 des neuseeländischen Guts Felton Road, 50 Franken; realwines.ch. (Bild: PD)

Chardonnay Block 2 aus dem Jahr 2020 des neuseeländischen Guts Felton Road, 50 Franken; realwines.ch. (Bild: PD)

Die Rebberge befinden sich im Central Otago, dem südlichsten Anbaugebiet der Welt. Das trockene und warme Klima ermöglicht einen nachhaltigen Weinbau. Noch ein Wort zu den Burgundern: Einmal mehr hatten die Franzosen in diesem Preisbereich keinen einfachen Stand. Immerhin schafften es mit der Domaine Jules Desjourneys aus dem Mâcon sowie der Domaine Sylvain Loichet aus der Côtes de Nuits zwei Weingüter in die vorderen Ränge. Es gab aber auch

Rangliste der Degustation: Diese Chardonnay-Weine machen Freude

Ein Wein mit 18 Punkten, zwei weitere mit 17,5 Punkten: Ein Trio aus drei Ländern hat bei der Chardonnay-Verkostung abgeräumt. Doch auch die nächsten Ränge dürfen sich sehen lassen.

Das Top-Trio

Siegerwein:

Chardonnay *** GG-Selection 2020, Weingut Holger Koch, Deutschland. Der Gewinner der Degustation überzeugt mit seiner Ausgewogenheit und dem gekonnten Einsatz des Holzes. Lediglich dezente Röstnoten in der Nase, aber auch schöne Frucht- und mineralische Töne. Im Gaumen ist der Chardonnay trocken, dicht, mit einer schönen Fülle ausgestattet. Frische, gut integrierte Säure. Der jugendliche Wein ist saftig, strukturiert, tiefgründig und gewinnt im Laufe der Zeit an Komplexität. Preislich unschlagbar. 18/20 Punkte, 24 Franken; peterkuhnweine.ch.

Bester Schweizer Wein:

Chardonnay 2020, Domaine de la Maison Carrée, Schweiz. Der äusserst zuverlässige Familienbetrieb vom Neuenburgersee keltert Weine, die nie schwer oder breit wirken. Dieser authentische Chardonnay weiss in jeder Hinsicht zu überzeugen und besitzt exzellente Anlagen: etwas verhaltenes Bouquet, das sich langsam öffnet, dezente Fruchtnoten, Kräuter, mineralische Anklänge, im Gaumen trocken, mittelschwer, mit präsenter Säure, saftig, langes Finale mit leicht salzigem Nachhall. Gutes Potenzial. Der Wein wird erst im November lanciert. 17,5/20, 28 Franken; lamaisoncarree.ch.

Bester Wein aus der Neuen Welt:

Chardonnay Block 2 2020, Felton Road, Neuseeland. Der exzellente Weisswein repräsentiert die Neue Welt auf vorzügliche Art und Weise. Die Kraft ist gepaart mit Eleganz. Das Holz ist sehr gut integriert. Intensives Bouquet mit Noten von Zitrus, gelben Früchten und Mineralität, im Gaumen trocken, gut integrierte Säure, saftig, schon fast burgundisch wirkend, langes, leicht salzig geprägtes Finale. Hält sicher zehn Jahre. 17,5/20, 50 Franken; realwines.ch.

Vier Weine knapp hinter der Spitze

Chardonnay Sonnenberg 2019, Weingut Dautel, Deutschland. Sehr schöner, eleganter, facettenreicher Bio-Chardonnay aus Württemberg mit vielschichtigem Duft, mittlerem Körper, guter Säure und sehr guter Länge. 17/20, Fr. 29.90; terravigna.ch.

Mâcon-Verzé 2018, Domaine Jules Desjourneys, Frankreich. Biodynamisch erzeugt, guter Vertreter aus dem Burgund zu einem bezahlbaren Preis, aromatisch vielschichtig, frisch, dicht, feingliedrig, saftig und gute Länge. 17/20, 33 Franken; studer-vinothek.ch.

Morillon Ried Flamberg 2017, Weingut Lackner-Tinnacher, Österreich. Chardonnay wird in der Steiermark Morillon genannt. Gut gereifter Biowein, schönes Bouquet, mittelschwer, gute Säure, finessenreich, leicht salziger Abgang. 17/20, 42 Franken; feinweinsein.ch.

Côtes de Nuits-Villages Réserve de la Comtesse 2017, Domaine Sylvain Loichet. Guter Franzose. Nur ein Drittel des BioWeines wird im Barriques ausgebaut. Feine Aromatik, im Gaumen mittelschwer, elegant, gute Länge, reif mit Potenzial. 17/20, 38 Franken; kueferweg.ch.

Weitere Empfehlungen

Chardonnay 2020, Weingut Fromm, Bündner Herrschaft, Schweiz: 16,5/20, Fr. 40.50; secli-weinwelt.ch.

• Chardonnay Reserve 2019, Weingut Bründlmayer, Kamptal, Österreich: 16,5/20, 37 Franken; martel.ch.

• Rully Blanc Chêne 2018, Domaine Dureuil-Janthial, Côte Chalonnaise, Frankreich: 16,5/20, Fr. 34.50; erhältlich bei denzweine.ch.